Wirtschaftsethnologie und Politische Anthropologie - Staatenbildung und die Ökonomie von Kula und Potlatch

Franz Boas

Geboren am 9. Juli 1858 in Minden; † 21. Dezember 1942 in New York, war ein deutschstämmiger US-amerikanischer Ethnologe, Sprachwissenschaftler, Physiker und Geograph.

"Mit Überzeugung vertrat Boas relativistische, antiautoritäre Positionen, sein wissenschaftliches Werk beinhaltet grundlegende Aussagen zum Thema Rasse. Daneben hatten Boas' Erkenntnisse über die kulturelle Bedeutung der Sprache Einfluß auf die Entwicklung der kognitiven Wissenschaften. ...
Während des Ersten Weltkriegs ruinierte sich Boas seinen Ruf, als er den Kriegseintritt der Vereinigten Staaten nicht unterstützen wollte. Er verlor die Präsidentschaft der Amerikanischen Anthropologischen Vereinigung und wurde zeitweise sogar als deren Mitglied ausgeschlossen." Quelle -->

Bekannt wurde Boas durch seinen Kulturrelativismus: Jede Kultur sei relativ und nur aus sich selbst heraus zu verstehen. Er entwickelte einen historischen Partikularismus: Jede Kultur habe ihre eigene Geschichte und Entwicklung. Man solle nicht versuchen, ein allgemeines Gesetz zu machen, wie sich Kulturen entwickeln. Damit widersprach er ab 1887 erstmals dem Evolutionismus von Lewis Henry Morgan und John Wesley Powell.

Über Boas wäre noch viel mehr zu sagen, so z.B. über seinen "Historischen Partikularismus" und das induktive Vorgehen bei der Feldforschung. Sein Postulat: Allgemeine Aussagen können nur auf Grund einer großen Datensammlung erfolgen.

Kulturrelativismus

Schon früh positionierte er sich gegen den damals weit verbreiteten und auch in der Wissenschaft akzeptierten Rassismus. Im Jahr 1894 bezog er in einem Vortrag vor der American Association for the Advancement of Sciene erstmals öffentlich Stellung gegen den wissenschaftlichen Rassismus. Er machte in dem Vortrag deutlich, dass das Kriterium der Rasse keiner genauen wissenschaftlichen Überprüfung standhalten könne, und als Analyseinstrument für die Anthropologie und Ethnologie hinfällig sei In seinem Werk Race, Language and Culture vertritt Boas die Ansicht, dass Intelligenz nicht vererblich sei, sondern kulturell erlernt werde. Die damals gängigen Intelligenztests kritisiert er.

Boas und seine Schülerinnen und Schüler (wie Alfred Kroeber und Ruth Benedict) beeinflussten die nordamerikanische Anthropologie nachhaltig.

Bekannt geworden ist Boas auch für seine Erforschung von Wildbeutergesellschaften der Indianer (First Nation in Kanada genannt) an der Nord-Nordwestküste der USA. Er forschte bei den Kwakiutl. Als er diese studierte, fiel ihm die Unstimmigkeit von Morgans Theorie auf.
Der Evolutionismus behauptet, Wildbeutergesellschaften (Jäger und Sammler) stellten immer die unterste Entwicklungsstufe mit einem harten Dasein ohne Luxus dar, wo nur der tägliche Kampf ums Überleben herrsche.

Boas fand aber bei den Kwakiutl eine ganz andere Situation. Diese sind zwar Wildbeuter, aber trotzdem sesshaft. Sie hatten ein angenehmes Leben mit reichlich Nahrung durch den Lachsfang an der Küste. Sie besaßen reiche Töpferwaren und ein ausgeprägtes Kunsthandwerk und sogar Kriegsgefangene von Nachbarstämmen als Haussklaven. Und sie hatten so viel, dass sie es verschenken oder gar zerstören konnten – nämlich beim Potlatch. Seine Forschungen zu dieser Zeremonie des Gabentausches sind von Thorstein Veblen (Theorie des demonstrativen Konsums) und Marcel Mauss (Theorie des Geschenks) ausgiebig genutzt worden.

Boas beeinflusste auch den französischen Philosophen und Ethnologen Claude Lévi-Strauss, der ihn während seines Exils in New York 1942 mehrfach traf.

Boas’ Erfahrungen bei den Kwakiutl beschäftigten die Anthropologie über viele Generationen. Seinen genauen Beschreibungen und Aufzeichnungen ist es auch zu verdanken, dass die Fadenspiele der Inuit Einzug in die westliche Welt hielten.

Kwakwaka'wakw

Die Kwakiutl oder besser Kwakwaka'wakw

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. . . , also die Kwak'wala sprechenden Stämme, sind eine Gruppe indianischer Stämme oder First Nations in der heutigen kanadischen Provinz British Columbia. Sie leben auf der nördlichen Vancouver-Insel, auf Haida Gwaii und dem angrenzenden Festland. Dieses Gebiet ist durch zahlreiche Fjorde zerschnitten, dazu sehr gebirgig, so dass Siedlungen nur an wenigen Stellen errichtet werden konnten, häufig an der Mündung eines Flusses oder auf einer der Inseln. Die Kwakwaka'wakw sind verwandt mit den Bella Bella. Quelle:  https://de.wikipedia.org/wiki/Kwakwaka'wakw.

Traditionell unterteilten sich die Kwakwaka'wakw in etwa dreißig unabhängige Gruppen. Ihre Gesellschaft war in drei Klassen organisiert, die durch Vererbung bestimmt waren: Adel, einfache Leute und Sklaven.

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Jesup North Pacific Expedition

Die Jesup North Pacific Expedition (1897–1902) war eine bedeutende anthropologische Forschungsexpedition in den nordpazifischen Raum nach Sibirien, Alaska und an die Nordwestküste von Kanada. Der Zweck der Expedition war es, die Beziehungen zwischen den Völkern beiderseits der Beringstraße zu erforschen. Die Expedition wurde von dem Industriellen und Philanthropen Morris Jesup gesponsert (der unter anderem Präsident des American Museum of Natural History war) und von Franz Boas geplant und geleitet. Die Teilnehmer bestanden aus einer Anzahl wichtiger Vertreter der amerikanischen und russischen Anthropologie, und die Expedition hatte eine Anzahl bedeutender Ethnographien zum Ergebnis, sowie wertvolle Sammlungen von Artefakten und Photographien.

Publikationen der Expedition

Publications of the Jesup North Pacific Expedition

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Jesup North Pacific Expedition

Viele der wissenschaftlichen Ergebnisse der Forschungsexpedition wurden in einer speziellen Reihe, den Publications of the Jesup North Pacific Expedition (New York : American Museum of Natural History, 1898–1903 [und] Leiden : E.J. Brill ; New York : G.E. Stechert, 1905–1930) veröffentlicht. Die Titel dieser Publikationen geben einen guten Eindruck von dem gewaltigen Umfang dieser Expedition:

Band u. Teilband

Titel

Autor

Jahr

v. 1, pt. 1

Facial paintings of the Indians of northern British Columbia

Franz Boas

1898

v. 1, pt. 2

The mythology of the Bella Coola Indians

Franz Boas

1898

v. 1, pt. 3

Archaeology of Lytton, British Columbia

Harlan Ingersoll Smith

1899

v. 1, pt. 4

The Thompson Indians of British Columbia

James Teit ; bearbeitet von Franz Boas

1900

v. 1, pt. 5

Basketry designs of the Salish Indians

Livingston Farrand

1900

v. 1, pt. 6

Archaeology of the Thompson River Region, British Columbia

Harlan Ingersoll Smith

1900

v. 2, pt. 1

Traditions of the Chilcotin Indians

Livingston Farrand

1900

v. 2, pt. 2

Cairns of British Columbia and Washington

Harlan Ingersoll Smith und Gerard Fowke

1901

v. 2, pt. 3

Traditions of the Quinault Indians

Livingston Farrand, unterstützt von W.S. Kahnweiler

1902

v. 2, pt. 4

Shell-heaps of the lower Fraser River, British Columbia

Harlan Ingersoll Smith

1903

v. 2, pt. 5

The Lillooet Indians

James Alexander Teit

1906

v. 2, pt. 6

Archaeology of the Gulf of Georgia and Puget Sound

Harlan Ingersoll Smith

1907

v. 2, pt. 7

The Shuswap

James Alexander Teit

1909

v. 3

Kwakiutl texts

Franz Boas und George Hunt

1905

v. 4

The decorative art of the Amur tribes

Berthold Laufer

1902

v. 5, pt. 1

Contributions to the ethnology of the Haida

John R. Swanton

1905

v. 5, pt. 2

The Kwakiutl of Vancouver Island

Franz Boas

1909

v. 6

The Koryaks

Waldemar Jochelson

1908

v. 7

The Chukchee

Waldemar Bogoras

1904–1909

v. 8, pt. 1

Chukchee mythology

Waldemar Bogoras

1910

v. 8, pt. 2

Mythology of the Thompson Indians

James Alexander Teit

1912

v. 8, pt. 3

The Eskimo of Siberia

Waldemar Bogoras

1913

v. 9

The Yukaghir and Yukaghirized Tungus

Waldemar Jochelson

1926

v. 10, pt. 1

Kwakiutl texts, second series

Franz Boas und George Hunt

1906

v. 10, pt. 2

Haida texts, Masset dialect

John R. Swanton

1908

v. 11

Craniology of the North Pacific Coast

Bruno Oetteking

1930

[v. 12]

Ethnographical album of the North Pacific coasts of America and Asia

1900

Andere Ergebnisse der Expedition wurde separat veröffentlicht. Waldemar Bogoras' Grammatik der Sprachen der Tschuktschen, Korjaken und Itelmenen (irreführend mit Chukchee tituliert) wurde bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs und der Russischen Revolution aufgeschoben. Es wurde schließlich publiziert (stark bearbeitet von Boas) im Handbook of American Indian Languages.

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Franz Boas: The Kwakiutil of Vancouver Island

John R. Swanton: Contributions To The Ethnology Of The Haida

John R. Swanton

Born in Gardiner, Maine, Swanton attended local schools and then entered Harvard University. He earned a Masters in 1897 and a doctorate in 1900. His mentor at Harvard was Frederic Ward Putnam. He studied linguistics with Franz Boas at Columbia University in 1898 and 1899

1905. "Contributions to the Ethnology of the Haida", Publications of the Jesup North Pacific Expedition 5(1); American Museum of Natural History Memoirs 8(1). Leiden: E.J. Brill; New York: G.E. Stechert.