Wirtschaftsethnologie und Politische Anthropologie - Staatenbildung und die Ökonomie von Kula und Potlatch

Feldforschung

Die Feldforschung von M. Mead auf Samoa, habe ich an dieser Stelle als Beispiel für eine Feldforschung angeführt, wie sie nicht gemacht werden sollte, wenn sie dem Anspruch einer wissenschaften Arbeit genügen will.

Margaret Mead

M.Meads  (* 16. Dezember 1901 in Philadelphia, Pennsylvania; † 15. November 1978 in New York)

Ihre Schilderungen der ungezwungenen freien Liebe unter den Jugendlichen in Samoa fand in den 68-ziger Jahren des (* 16. Dezember 1901 in Philadelphia, Pennsylvania; † 15. November 1978 in New York)letzten Jahrtausends vielfältige Beachtung.

Literatur: Margaret Mead: Jugend und Sexualität in primitiven Gesellschaften, I. Kindheit und Jugend in Samoa. Broschiert – Januar 1987

Aber:

Es ist jedoch so, dass die Samoanische Gesellschaft nicht frei von Tabus war und heute noch ist. Im Gegenteil: Die Welt ist auf Samoa voller Tabus und ein Verstoß gegen die Tabus werden streng geandet. Es wundert nicht, dass die Mead´sche Feldforschungen, nicht der Art von Feldforschung entsprachen, wie sie von Malinowski u.a. gefordert wurde.

So wohnte  M. Mead nie an dem Ort, auf die sich ihre Forschungsergebnisse bezogen. Sie wohnte bei einem befreundeten Eheparr ca. 6 Kilometer vom Untersuchungsgegenstand entfernt.

Im Anhang der deutschen Übersetzung schreibt Mead:

Die Darstellung des kulturellen Hintergrundes wurde in herkömm­licher Weise erarbeitet: erst durch Befragung sorgfältig ausgesuch­ter Informanten, dann durch Heranziehung vieler Beispiele und Präzedenzfälle. Mit wenigen unwesentlichen Ausnahmen wurde die­ses Material in samoanischer Sprache und nicht mit Hilfe von Dol­metschern gesammelt. Alle Unterhaltungen wurden in der Einge­borenensprache geführt, da es auf der Insel keine jungen Menschen gab, die englisch sprachen.

Mead impliziert hier, dass sie selbst, ohne Dolmetscher, die Befragungen in der "Eingeborenen Sprache" durchgeführt hat. Tatsache ist aber, dass Mead kein samoanisch sprach.

Die Unterdrückung von Kritik an Meads Feldforschung hing wohl  auch damit zusammen, dass Mead wissenschaftlich eng mit Franz Boas verbunden war. Sie war, wie Boas und Ruth Benedict, eine Vertreterin des Kulturrelativismus.

Der Kulturrelativismus versucht, einen Ethnozentrismus, der die eigene Kultur als maßgeblich betrachtet und alle anderen Kulturen im Hinblick auf die eigene Weltanschauung einstuft und beurteilt, zu vermeiden. Er entstand als Reaktion auf das naturalistische Denken des 19. Jahrhunderts. Der Kulturrelativismus betont einen Pluralismus der Kulturen und postuliert, dass Kulturen nicht verglichen oder aus dem Blickwinkel einer anderen Kultur bewertet werden könnten. Bestimmte intrakulturelle Verhaltensformen müssten immer im Licht des dazugehörigen Sozial-, Wertesystems und Kulturverständnisses gesehen werden.

Margaret Mead: Jugend und Sexualität in primitiven Gesellschaften, I. Kindheit und Jugend in Samoa. Broschiert – Januar 1987

Freeman versus Mead

Ich möchte die Diskusion Freeman versus Mead an dieser Stelle nicht weiter ausführen, das Kapitel ist abgeschlossen.

Aus eigener Erfahrung kann ich zu diesem Thema folgendes sagen:

Kurz nach Erscheinen der deutschen Ausgabe von Derek Freeman : Liebe ohne Aggressionen. Margaret Meads Legende von der Friedfertigkeit der Naturvölker. Kindler, München 1983, wollte ich das Thema für meine mündliche Prüfung in Ethnologie, an der Uni Tübingen, anmelden. Die Reaktionen darauf waren: Längst bekannt, abwegige Diskusion da unwissenschaftlich, bis zu: kann man machen. Ich hab's dann bei Prof. M. Laubscher gemacht.

Freeman schreibt;: " ... dass Mead nicht nur von einheimischen Informanten ausgetrickst und belogen wurde, sondern dass sie auch die gewalttätige Seite der samoanischen Gesellschaft konsequent ausblendete. Weiter schrieb er, dass Mead, die weder die samoanische Sprache beherrschte, noch sich genügend lange auf Samoa aufgehalten hatte, sich bei der Bestimmung von Geschlechterrollen zu sehr auf die Gesellschaft als Grundlage stütze und die biologische Komponente vollständig außer Acht lasse. Die Veröffentlichung löste eine große wissenschaftliche Kontroverse aus, wohl die größte in der Geschichte der Anthropologie."

Derek Freeman : Liebe ohne Aggressionen. Margaret Meads Legende von der Friedfertigkeit der Naturvölker. Kindler, München 1983,