Politischen Anthropologen

Wirtschaftsethnologie und Politische Anthropologie - Staatenbildung und die Ökonomie von Kula und Potlatch

Die politischen Anthropologen haben um 1920 die von Franz Oppenheimer 1907 gestellte Frage nach dem Ursprung und der Ausprägung des Staates wieder aufgenommen, basierend auf neuen Ergebnissen ethnographischer Forschungen.

Eine weitere Definition lautet:

Die Politische Anthropologie ist sowohl ein Teilgebiet der Politischen Theorie und Ideengeschichte als auch der Philosophischen Anthropologie. Forschungsgegenstand sind Versuche, Formen der politischen Regelung aus der Natur des Menschen (oder auch dessen kulturellen Besonderheiten) abzuleiten. Sie ist von der Politikethnologie (im Englischen: political anthropology) abzugrenzen, in der über die Politik fremder Kulturen geforscht wird.

Nach Oppenheimer gibt es drei staatstheoretische Quellen:
  • die Philosophie befasst sich mit dem Staat, so wie er sein sollte,
  • der Jurist befasst sich mit der äußeren Form des Staates und
  • die Soziologie mit dem Inhalt, dem Leben der Staatsgesellschaft

Methoden der politische Anthropologie

Der genetische Ansatz

Er verfolgt die Fragen des Ursprungs von Königtümern, den Bildungsprozess des primitiven Staates und den Übergang des von der Verwandtschaft aufgebauten Staates zu den politischen Gesellschaften.

Der funktionalistische Ansatz

In ihm werden die politischen Institutionen anhand der ausgeübten Funktionen in primitiven Gesellschaften untersucht.

Der typologische Ansatz

Ist verkürzt gesagt die Gegenüberstellung von segmentären und zentralistischen Staatsgesellschaften. Besonders bemängelt Balandier, dass die Kategorie der segmentären Staaten fehlt.

Der terminologische Ansatz

Es geht darum begriffliche Probleme zu bestimmen, wobei der Begriff der "politischen Handelns" analysiert wird, um das allen Systemen gemeinsame herauszufinden. Es ist auch der Versuch das politische Denken von Eingeborenen zu untersuchen.

Der strukturalistische Ansatz

Das Politische wird unter dem Aspekt der formalen Beziehungen betrachtet, in denen sich die Machtverhältnisse zwischen den Gruppen und Individuen äußern. Von Balandier kritisierter Ansatz, da er von Gleichgewichtssystemen ausgeht.

Der dynamische Ansatz

Er möchte die Dynamik der Strukturen ebenso erfassen, wie das System der Beziehungen, aus denen Strukturen entstehen; er möchte also die Unvereinbarkeiten, Widersprüche und Spannungen ebenso wie die Bewegungen berücksichtigen, die jeder Gesellschaft innewohnen." Dieser Ansatz geht von E.R. Leach aus, der versuchte hat in die politische Anthropologie die Widersprüche und Konflikte sowie die äußeren Beziehungen der Gesellschaften miteinzubeziehen. D.h. auch: Relative Instabilität und kontrollierte Rebellion sind Veränderungen eines politischen Prozesses für den jeweiligen Staatstypus.

Der Bereich des Politischen

Angestrebt wird aus der politische Anthropologie eine vergleichende Wissenschaft der "Regierung" zu machen. Die Frage ist, wie soll das Politische erkannt wird ?

Maximallisten und Minimalisten

Die Maximallisten behaupten, dass es keine Gesellschaft ohne Regierung gibt, und beziehen sich dabei auf Aristoteles, der die Auffassung vertrat, dass der Mensch ein politisches Wesen sei.

Radcliffe-Brown, als Vertreter des Funktionalismus, definiert die politische Organisation, "..., als den Aspekt der Gesamtorganisation, der für die Erhaltung der internen  Kooperation und der äußeren Unabhängigkeit verantwortlich ist."

Die Minimalisten

Sie verhalten sich in der Frage, ob man primitiven Gesellschaften eine Regierung zuweisen soll oder nicht, nicht eindeutig, bzw. ablehnend.

Die Feststellung der Minimalisten, dass keine politische Institution in primitiven Gesellschaften vorhanden ist, die der des modernen Staates entspricht, wird als ethnozentrisch abgelehnt.

Das Problem zwischen Maximallisten und Minimalisten scheint die Frage zu sein, wo das Politische beginnt. Einige Anthropologie behaupten, dass das Politische da Anfängt, wo die Verwandtschaft aufhört.

Politische Anthropologie in Stichworten

Methodenvergleich formale Merkmale

Räumliche Organisation

Der Bereich des Politischen wird als ein Organisationssystem verstanden, das innerhalb eines abgegrenzten Territoriums, einer politischen Einheit, oder eines Raumes wirkt.

Radcliffe-Brown zählt den territorialen Rahmen ebenfalls zu den Bestandteilen einer Definition der politischen Organisation. Es wurde gezeigt, dass segmentäre Gesellschaften, ihre innere Solidarität nach dem Verwandtschafts- und dem Territorialfaktor ausrichten. Die Frage ist: Stellt der territoriale Raum das Wesen despolitischen Systems dar?

Modalitäten des politischen Handelns

Ein politisches System ist nichts anderes als ein System politischen Handelns.

Fazit

Den Bereich des Politischen durch räumliche Abgrenzung oder Formen des Handelns festzulegen ist problematisch und innerhalb der politischen Anthropologie angefochten worden.

Das politische darf, so Balandier, nicht nur auf die verschiedenen Arten der sozialen Beziehungen festgelegt werden; es muss auch die Kultur im Gesamten berücksichtigt werden.

Zum Bereich des Politischen zählen auch Mythos und Rituale, da sie auf die Rechtfertigung von Macht und Status abzielen.

Wie weitgehend die politischen Phänomene reichen, zeigt sich beim Kula-Tauschsystem auf den Trobriand-Inseln. Darin kommen individuelle Interessen zum Ausdruck, und es lässt sich zeigen, dass die höher geschätzten  Untertanen in den reichsten Dörfern wohnen.

Politische Macht

 Tradition schafft Recht, daraus resultiert Macht.

Macht wird selbst in den rudimentären Gesellschaften anerkannt. Die Macht dient immer einer sozialen Struktur. Aufgabe der Macht ist es die Gesellschaft vor ihren eigenen Schwächen zu schützen, da jeder - zumindest dann, wenn die Grenzen der Verwandtschaft überschritten sind - seine individuellen Sonderinteressen gegen die kollektive Entscheidung vertreten will. Die Macht ist somit ein Produkt der Konkurrenz und dient als Mittel diese zu zügeln. Durch die Bedrohung von außen nimmt die innere Macht einer Gesellschaft zu. Somit ist Macht nach außen und nach innen gerichtet. Dies lässt sich auch an den inneren Machtverteilungen verschiedener Stämme zeigen. So gibt es im Häuplingsverband des Bamileke-Landes (Kamerun) einen Häuptling der für die innere Stabilität (Vermittler, Führsprecher bei den Ahnen) verantwortlich ist und einen obersten Würdenträger, der die Aufgabe hat die Bedrohungen von außen fern zu halten. Dasselbe Prinzip Herrschaft auch in anderen Stammesverbänden, z.B  auf Flores.

Politische Beziehungen und Formen

Verwandtschaft und Macht

Der Bereich der Verwandtschaft schließ theoretisch politische Phänomene aus. Man kann auch im Fall der Verwandtschaft von der Struktur der Gegenseitigkeit und im Fall des Politischen von der Unterordnung sprechen. Hegel spricht vom Staat und der Familie, wobei die männliche - die politisch Sphäre höher ist - und die weibliche Sphäre ihr entgegengesetzt ist.

Die politische Anthropologie hat diese Unvereinbarkeit oder Gegensätzlichkeit versucht aufzuheben.